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08. April 2020

Tag 23

NordEstWestSouth

Neulich, ich verbrachte ein paar Tage aus gesundheitlichen Gründen in Andermatt, schreckte ich nachts aus dem Schlaf hoch und fühlte mich wie eine auf links gedrehte Socke. Eine Socke, die man bereits eine Woche am einen Fuss trug und die man noch getrost eine weitere am anderen Fuss tragen konnte, bevor man sie den Gefahren einer vollautomatischen Waschmaschine aussetzte. Ich denke, Ihr kennt die Strategie, welche der beschriebenen Befindlichkeit zugrunde liegt. Besonders dann, wenn ihr diesem Teil der Bevölkerung angehört, der gerade - zu Recht oder zu Unrecht, ich möchte hier nicht persönlich werden - stark in der Kritik steht, den anderen Teil der Bevölkerung auszubeuten. Sei es sexuell, oder wirtschaftlich oder moralisch. Angeblich nicht zuletzt auch hygienisch, durch falsch verstandene Strategien bei der Körperpflege. Aber lassen wir das, schweifen wir nicht bereits bei der Einleitung ab und kommen zum Kern der Geschichte. Und so viel sei hier vorneweggenommen: ein sprichwörtlicher Pudelskern.

Ich also aufgeschreckt. Schweissgebadet. Die aufwühlenden Bilder noch als Geflacker neuronaler Gewitter hell im Kopf umherspukend. Seismischer Lärm war es nämlich, der mich hochschrecken liess. Das Rattern der Tunnelbohrmaschine. Zuerst weit im Berg drinnen. Leise. Dann immer näherkommend und zuletzt laute Schabgeräusche unmittelbar an der Innenwand meiner porösen Schädeldecke. Im Schlaf beschlich mich ein klarer Gedanke der Gewissheit: Die bohren die ominöse "Zweite Röhre" durch meinen Kopf! Allerdings mit dem für mich überraschenden Detail: (und ich hörte mich dies laut sagen) Oh Schreck, die haben bereits damit begonnen!  

Ich ging erst einmal abharnen und gönnte mir einen Scotch von der Minibar.

Nachdem sich meine Nervenenden etwas beruhigt hatten und ich mich im Internet schnell davon überzeugen konnte, das beides nicht zutraf, schlief ich meinen Schlaf ohne weitere Störungen zu Ende.

***
Erst Jahre später wird man festgestellt haben, dass der seismische Lärm den ich damals hörte, tatsächlich durch eine Tunnelbohrmaschine verursacht wurde. Bereits Ende der Neunzigerjahre nämlich, hatten die Deutschen mit den Italienern einen Pakt geschlossen, die Schweiz und somit den lästigen Alpenkamm zu untergraben und eine Autobahn in den Berg zu hämmern. Man vertrat damals die imperialistische Haltung, dass die Schweizer ihr lächerliches Tunnelgeflecht doch eigentlich mit Käse oder Schokolade auffüllen und sich ihre Mautgebühren - aber sowas von - ans Bein streichen, oder in ihren wertesten schieben können. Insgeheim wurde somit nordwestlich von Riedlingen angebohrt und eine gerade Linie unter der Schweiz hindurch direkt ins Ossola Tal in Angriff genommen. Die Baustelle war von der Hauptverkehrsachse kaum zu sehen. Zum Schutz vor neugierigen Blicken oder Besuchern wurde sie zusätzlich als Steinbruch getarnt. Ob nun der reisende Ottonormalverbraucher aus der Schweiz, egal ob er im ICE sass, um sich in Hamburg zum zigsten Male den König der Löwen anschauen zu gehen, oder ob er als Audibubi aus dem Aargau, das die A5 im Geschwindigkeitsrausch befuhr, beide hätten bei Kilometer Einundzwanzig der Baustelle kurz ansichtig werden können. Hätten sie wohl auch, hätten sie gewusst, was dort ab ging.

Die Bohrung von Süden her wird bis zuletz nie in Angriff genommen worden sein. Den Italienern wird dafür stets das Geld oder die Zeit fehlen. Deutschland wird das aber egal sein, letztlich war ihnen zu jedem Zeitpunkt klar, dass sie den ganzen Tunnel sowieso selber bezahlen werden müssen, egal wo sich die dazu nötigen Gelder in Europa vorher noch herumgetrieben haben werden.

Die Sache wird auffliegen, wenn man in der Schweiz merkt, dass kaum mehr Urlauber aus Deutschland in die Schweiz einreisen. Der Bundesrat wird seine Empörung kundtun, wird aber letztlich keine juristischen Mittel in der Hand haben, um gegen Deutschland vorzugehen. Wie so oft in der Vergangenheit, wird man auch bei dieser Widrigkeit in den sauren Apfel beissen, und sich artig im verwanzten Réduit verschanzen.

Man wird auch herausfinden, dass die Idee, einen Tunnel unter der Schweiz hindurch zu graben, nicht neu gewesen war. Selbst die Deutschen hatten bei Baubeginn keine Ahnung, dass die Franzosen bereits kurz nach dem Russlandfeldzug anfingen über ein solches Bauwerk nachzudenken. Von einer direkten Verbindung von Lyon nach Budapest soll bereits Bonaparte geträumt haben. Die Pläne mussten aber warten, wurden doch andere politischen Geschäfte plötzlich wichtiger. Erst sein Nachfolger, Napoleon III. nahm die Idee 1860 erneut auf und grub sich durch den Alpenkamm von West nach Ost. Auch bereits dies geschah in einer geheimen Aktion und ohne das Wissen der umliegenden Länder. Die Deutschen werden es letztlich erst bei den Grabungen ihres Tunnels erfahren, nämlich genau dann, wenn ihre Tunnelbohrmaschine ungeahnt auf den Franzosentunnel stossen wird. Die Bauarbeiten werden dadurch arg ins Stocken geraten. Die Bauleitung wird im Kanzleramt antanzen müssen, aber da der Anschluss ans Ossola-Tal noch nicht in Angriff genommen sein wird, wird man sich in Berlin kurzerhand zum Anschluss an den Franzosentunnel entscheiden, und zwar mit einem riesigen unterirdischen Kreisverkehr. Da eh alle bloss an den Gardasee wollen, wird sich ein "Anschluss Süd" an das epochale Tunnelsystem am Brenner anbieten. Österreich wird ins Boot geholt werden müssen, aber was solls, schliesslich gilt Österreich als ein Verbündeter.

***
Wenn dann der ganze Skandal hochkochen wird, werde ich mich wohl nicht mehr daran erinnern, dass ich neulich in Andermatt (an den Staden des durchlöcherten Gotthardmassivs) aus dem Schlaf hochschreckte. Letztlich wird auch nie klar sein, ob ich tatsächlich die Tunnelbohrmaschine der Deutschen gehört hatte. Da mir die ganze Geschichte bereits heute sehr windig erscheint, ist das vielleicht auch gut so. Wer weiss, ob ich dann überhaupt noch leben werde und wenn doch, welche Talfahrt meine geistige Verfassung bis dann vollzogen haben wird, durch die schöllenenstrasseartigen Hirnwindungen meiner lächerlichen Denkkugel.

D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r.ç h

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