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05. Dezember 2016 Knall, Schall und Rauch "Hier können Sie raus zum Rauchen, hier hält der Zug acht Minuten". Sagte die Frau von der Zuggastronomie, nachdem der Zug in Lindau zum Stehen gekommen war. Der Zug war der Eurocity aus München auf dem Weg nach Zürich. Seit der Abfahrt des Zuges in München sass ich im Speisewagen und hatte mir bereits ein Tagesgericht und eine Flasche Merlot genehmigt. Ich versuchte nun den Rest der Strecke, indem ich sporadisch ein weiteres Getränk bestellte, im Speisewagen sitzen zu bleiben, ohne den Argwohn der Frau von der Zuggastronomie zu erwecken. Der Zug war heillos überbucht, und da ich keinen reservierten Sitzplatz hatte und weil das Reisen im Speisewagen in puncto Beinfreiheit und Komfort, dem des Reisens in der ersten Wagenklasse glich, hatte ich Nullbock, meinen Platz zu räumen. Weder für einen Banker, der dann die restlichen zwei Stunden an einem Mineralwasser nippend in sein Notebook glotzt, noch, um auf die Toilette zu gehen. Zweiteres wäre durch die unentwegte Getränkebestellerei fast schiefgelaufen. Nicht umsonst aber nennt man mich in meinem Zechkreis "Die Eiserne Blase". In Lindau sah ich mich nun also plötzlich mit dem wohlwollenden Angebot konfrontiert, draussen auf dem Bahnsteig eine Zigarette zu rauchen. Ich überlegte nicht lange, schlüpfte durch die Versorgungsluke des Speisewagens und stand unmittelbar neben der Frau von der Zuggastronomie, die bereits herzhaft an ihrer Zichte zog. Da ich natürlich keine Zigaretten besass, ich das Rauchen höchstens seit dreissig Jahren in Erwägung nie aber nur annähernd in echt an einer Zigarette zog, musste ich eine schnorren. Fängt ja gut an, dachte ich. Die Lady war so freundlich und gab mir auch Feuer. Für gemeine Touristen ist Lindau ein Ausflugsziel mit augenfälligen Rentnercontents. Für den ferrosexuell orientierten Reisenden ist Lindau eine Wundertüte von eisenbahntechnischen Ausnahmeerscheinungen. Lechz! Zum Beispiel hat Lindau wahrscheinlich die höchste Schrankendichte am europäischen Fernverkehrsnetz. Der interessanteste Aspekt an Lindau ist allerdings der Lokwechsel. Nachdem die Deutsche Bahn es bis heute nicht geschafft hat die Strecke durchs Allgäu zu elektrifizieren, kommt zwischen München und Lindau Dieseltraktion zum Einsatz. Zwei Diesellokomotiven der 218er-Baureihe ziehen dort einen bunten Haufen Wagen aus den Restbeständen (solche noch mit offenen Toiletten) der SBB und fahren sie arglos an den Klimazielen Deutschland vorbei. In die Schweiz dürfen die Ölbrenner dann aber nicht und werden in Lindau durch eine saubere Re4/4 ersetzt. Der Kopfbahnhof eignet sich dazu ideal. Etwas abseits vom Zug rauchten wir dann also unsere Lungenbrötchen und beobachteten dabei, wie vorne und hinten am Zug Lokomotiven an- beziehungsweise abgekuppelt wurden. Meine jungfräulichen Lungen sträubten sich vehement und ich hustete mir die Seele aus dem Leib. Etwas verdutzt beobachtete mich die Frau und traf auch voll ins Schwarze, als sie mich fragte, ob dies meine erste Zigarette sei. Ich wünschte mir, dass Gottes Plan für Ferrosexualität vorsehen täte, zur Entlastung der Lungen irgendwie auf Blase rauchen zu können, behielt das aber für mich und kroch wieder auf meinen Platz. -- D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r.ç h -~ |